Archäologische Eiszeit-Funde in Angermund - und es könnte noch mehr geben Die Entdeckung der Pfeilspitzen

Ein Team aus Stadtarchäologen hat in den vergangenen Jahren zusammen mit dem Steinzeit-Spezialisten Wolfgang Heuschen, weiteren Fachleuten und Ehrenamtlichen eine Fundstelle in Angermund näher erforscht. Die Ergebnisse wurden jetzt vorgestellt. Wichtigste Erkenntnis: Angermund wurde bereits in der Spätphase der letzten Eiszeit vor rund 13.000 Jahren, die von massiven Klimaveränderungen geprägt war, von Menschen aufgesucht.

 Projektteam bei der Dokumentation eines Bohrkerns (v.l.): Renate Gerlach vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege, Wolfgang Heuschen, Thomas van Lohuizen, Sabine Thomsen und Jona Schröder (beide Stadtarchäologie der Stadt).

Projektteam bei der Dokumentation eines Bohrkerns (v.l.): Renate Gerlach vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege, Wolfgang Heuschen, Thomas van Lohuizen, Sabine Thomsen und Jona Schröder (beide Stadtarchäologie der Stadt).

Foto: Ina Schimmel

Den entscheidenden Beleg dafür lieferten mehrere Bruchstücke sogenannter „Federmesser“. Entdeckt wurde der Fundplatz vom ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger Thomas van Lohuizen. Bei Spaziergängen - und anschließenden gezielten Begehungen - auf einem Feld hatte er die steinzeitlichen Gegenstände aufgelesen und ordnungsgemäß der Stadtarchäologie gemeldet.

Bei „Federmessern“ handelt es sich - anders, als der Name vermuten lässt - um Pfeilspitzen aus Feuerstein. Die Bezeichnung rührt von der Ähnlichkeit zu neuzeitlichen Messerklingen her, die zum Anspitzen von Federkielen dienten. Die charakteristischen Feuerstein-Spitzen wurden ausschließlich von Angehörigen der sogenannten Federmesser-Gruppen verwendet, die während der Spätphase der letzten Eiszeit große Teile Mitteleuropas besiedelten.

 Detaillierte Zeichnungen von Fragmenten von rund 13.000 Jahre alten Pfeilspitzen aus Feuerstein, sogenannten „Federmessern“.

Detaillierte Zeichnungen von Fragmenten von rund 13.000 Jahre alten Pfeilspitzen aus Feuerstein, sogenannten „Federmessern“.

Foto: Wolfgang Heuschen

Doch das waren bei weitem nicht die einzigen steinzeitlichen Funde, die wissenschaftliche Aufmerksamkeit erlangten. Insgesamt wurden rund 850 kleine und kleinste Bruchstücke von Feuersteinartefakten entdeckt. Sie weisen auf vielfältige Tätigkeiten der späteiszeitlichen Jäger und Sammler hin. Die am Fundort entdeckten Werkzeugformen legen nahe, dass dort Holz, Tierhäute und Felle, Geweihe und Knochen bearbeitet wurden sowie Nahrung aller Art zubereitet wurde.

Alle bislang vorliegenden Funde wurden an der Oberfläche entdeckt. Ihre große Anzahl lässt es möglich erscheinen, dass sich ungestörte Erdschichten aus dem Spätpaläolithikum im Boden befinden. Darin eingebettet könnten sich, neben weiteren Feuersteinartefakten, Reste von Feuerstellen, Tierknochen und -zähne erhalten haben, wie sie unter anderem im circa 75 Kilometer entfernten Wesseling gefunden wurden. Solche äußerst seltenen, archäologischen Befunde gewähren umfangreiche Einblicke in die Lebensweise der altsteinzeitlichen Menschen. Um sie zu lokalisieren, wurde das Fundareal im Spätsommer 2023 systematisch und fachmännisch abgesucht. Dabei wurden rund 150 Feuersteinfunde aufgelesen, darunter ein weiteres „Federmesser“. Die Konzentration der Funde in einer etwa 300 Meter langen Zone weist auf mehrere kleine Lagerplätze der späteiszeitlichen Jäger und Sammler hin, von denen sich noch ungestörte Erdschichten im Boden erhalten haben könnten. Hier sollen weitere Geländeuntersuchungen zukünftig ansetzen.

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